Die letzten 18 Monate waren vielleicht die dunkelsten eineinhalb Jahre, seitdem es Crypto gibt.
Mit diesem Post fasse ich die wesentlichen Aspekte zusammen und widme mich den folgenden Unterpunkten:
Die Makro-Perspektive
Die Kurse im Crypto Sektor
Die Flops
Die Skandale
Der Blick in meine Investments
1. Die Makro-Perspektive
Ende 2021 erholte sich die Weltwirtschaft, nachdem die Covid-19-Pandemie in den Jahren zuvor die Welt erschüttert hatte. Ein verbesserter weltweiter Zugang zu Impfstoffen und niedrige Zinssätze haben das Wirtschaftswachstum angekurbelt. Für 2022 war aber keine Ruhe in Sicht, Verbraucherpreise kletterten in die Höhe und die drohende Inflationskrise wurde mit starken Zinsanstiegen der Notenbanken bekämpft. Der wirkliche Schock trat dann im Februar 2022 ein als Russland die Ukraine angriff. Krieg in Europa. In einer Zeit voller großer Herausforderungen: Wirtschaftskrise, Energiekrise, Klimakrise, Arbeitsmarkt-Krise. 2023 ging es mit genau diesen Themen weiter, ergänzt und beschleunigt durch Massenentlassungen bei den großen Digitalfirmen, Startup-Insolvenzen auf Rekordhoch und einem zusätzlichen Krieg im nahen Osten rund um Israel. In einem Wort zusammengefasst: Polykrise.
2. Die Kurse im Crypto Sektor
Bitcoin stürzte vom Höchstand bei 68.000 USD (Nov ´21) auf 16.000 USD (Nov ´22). Ein Minus von -76%. Inzwischen seht Bitcoin wieder bei 35.000 USD (Nov ´23). Also doppelt so hoch wie vor einem Jahr, aber nur halb so hoch wie vor 2 Jahren.
Bei vielen Altcoins ist das Bild noch düsterer:
Ethereum liegt trotz der letzten Anstiege 60% unter dem Höchstwert.
Solana liegt 82% unter Höchstwert.
Mein Crypto Index 25 bildet die Marktentwicklung der Top25 Werte ab und lag im Bullenmarkt 2021 deutlich über Bitcoin, im Bärenmarkt 2022 und 2023 wieder darunter. Ich persönlich gehe davon aus, dass im nächsten Zyklus steigender Kurse mein Index wieder deutlich stärker als Bitcoin performen wird.
Und falls Du das Gefühl hast, dass Crypto seit Ewigkeiten nicht signifikant gestiegen ist. Ja, je nach Zählweise lässt sich sogar begründen, dass dies der längste Crypto-Bärenmarkt ist (oder war?) den es je gab:
Quelle: Why is the Bear Market Taking So Long?
3. Die Flops: Versprechen, die nicht gehalten wurden
Dezentrale Finanzen (DeFi) versprachen eine neue Ära der finanziellen Freiheit, während Non-Fungible Tokens (NFTs) die Kunstwelt im Sturm erobern sollten. Doch was ist passiert?
- DeFi-Projekte wurden als der Heilige Gral des Krypto-Sektors gefeiert. Sie sollten herkömmliche Finanzinstitute obsolet machen und uns alle zu unseren eigenen Bankern machen. Aber was haben wir bekommen? Unzählige Hacks, Scams und unausgereifte Projekte, die mehr Probleme als Lösungen brachten.
- NFTs waren der nächste große Hype. Kunst, Musik und Videospiel-Items wurden als einzigartige digitale Assets gehandelt. Doch die Euphorie wurde schnell von fragwürdigen Kunstwerken und astronomischen Preisen überschattet. Die Krypto-Welt schien sich mehr um den Wert von JPEGs als um die eigentliche Technologie zu kümmern. Und inzwischen ist das Handelsvolumen sowie die Preise von NFTs um größtenteils 99% eingebrochen und haben vor allem die Privatanleger in die Röhre schauen lassen.
4. Die Skandale: Krypto auf der schiefen Bahn
Die Hoffnung 2021 war klar: Hacks von Börsen und fadenscheinige ICO-Projekte aus den Jahren 2017/2018 schienen der Vergangenheit anzugehören. Doch leider kam es anders und die letzten 18 Monate haben viel Vertrauen in den Krypto-Sektor zerstört:
- Terra (Luna) Skandal: Im Mai 2022 verursachte der Zusammenbruch von Terra (Luna) einen enormen Schock im Krypto-Markt. Ein großer Account verkaufte UST im Wert von 84 Millionen US-Dollar, was zu einem Preisverfall unter 1 US-Dollar führte und eine Panik auslöste, die zu massiven Verkäufen führte. Trotz des Versuchs von Terra’s Gründer, Do Kwon, 3 Milliarden US-Dollar zur Stabilisierung einzusetzen, war dies im Vergleich zum Gesamtvolumen von 18 Milliarden US-Dollar an UST unzureichend. Innerhalb einer Woche fiel der Preis von UST auf etwa 0,006 US-Dollar und Luna von einem Preis von 86 US-Dollar auf nahezu null. Die Idee eines “Algorithmic Stablecoin” scheint geplatzt. Wer das Thema besser verstehen möchte: Check this video: LINK
- Celsius Skandal: Celsius, eine Krypto-Leihplattform, geriet ebenfalls in Schwierigkeiten. Im Juni 2022 meldete das Unternehmen Insolvenz an, nachdem es Auszahlungen, Swaps und Transfers zwischen Konten aufgrund von „extremen Marktbedingungen“ ausgesetzt hatte. Die Plattform hatte zuvor hohe Renditen für Einlagen versprochen, was zu einer hohen Anzahl von Nutzern und Einlagen führte. Als die Preise für Kryptowährungen fielen, konnte Celsius die versprochenen Renditen nicht mehr aufrechterhalten und geriet in Liquiditätsschwierigkeiten. Klingt wie Ponzi-Sheme? War es vielleicht auch…
- FTX Skandal: Im November 2022 stürzte FTX, die zweitgrößte Kryptowährungsbörse der Welt, innerhalb von weniger als zehn Tagen ein, nachdem ein Artikel von CoinDesk Bedenken hinsichtlich der Vermögenswerte von Alameda Research, einer Schwesterfirma von FTX, aufwarf. Die Befürchtungen wurden durch den Binance-CEO CZ verstärkt, der ankündigte, alle FTT-Token zu verkaufen. Dies führte zu einem Bank Run, bei dem FTX schließlich die Auszahlungen stoppte und in den Bankrott ging, wobei ein Defizit von 80 bis 100 Milliarden US-Dollar an Kundenmitteln hinterlassen wurde. Alameda nutzte Kundenmittel, um Verluste auszugleichen, was zu einem irreparablen Defizit führte. In dieser Woche wurde FTX-Gründer Sam Bankman-Fried in Manhattan zu einer Freiheitsstrafe von über 100 Jahren schuldig gesprochen. Das gesamte FTX-Drama ist sicherlich genau so spannend und schockierend wie der Wirecard-Skandal und wir können uns schon auf die Kino-Verfilmung freuen.
Der Blick in meine Investments
Natürlich hat auch mein Crypto-Portfolio in den letzten 2 Jahren deutlich Federn gelassen. Heute (03.11.2023) steht mein gesamtes Crypto-Vermögen 41% unter meinem Höchststand (das war bei mir im April 2022). Insgesamt stehe ich also deutlich besser als der Markt da (siehe Zahlen oben). Allerdings muss ich auch sagen, dass ich bei den beiden Crash rund um Terra und FTX richtig Glück mit meinem Timing hatte. Zur Einordnung:
- Terra war lange Zeit abseits meiner ICONOMI Index-Strategie die mit weitem Abstand größte Einzelposition. Ich war ein absoluter “Terra-Jünger” und sicher, dass mit dem Algorythmic Stablecoin ein “heiliger Gral” gefunden wurde, dessen Potential noch lange nicht ausgeschöpft ist. Den Anstieg von 5 EUR auf über 60 EUR je Coin habe ich fast ohne Zwischenverkäufe mitgenommen und Terra machte zwischenzeitlich mehr als die Hälfte meines gesamtes Krypto-Vermögens aus. Im März 2022 entschied ich mich aus einem Bauchgefühl dazu meine Terra-Position auf 10% meines Krypto-Vermögens zu reduzieren. Diese 10% lösten sich 3 Monate später im Terra-Crash in Luft auf und unterstreichen einfach, wie wichtig es ist Gewinne mitzunehmen und keine Position “zu groß” werden zu lassen. Gerade im Krypto-Sektor können solche “Black Swan” Events häufiger auftreten als einem lieb ist.
- Bei FTX hatte ich in 2022 ein Konto und nutzte dies, um gehebelt auf fallende Kurse bei Bitcoin und Dogecoin zu spekulieren. Die Positionen hatte ich irgendwann glattgestellt und beschloss nach wenigen Wochen die dort liegenden USDC abzuziehen, da ich keine weitere Shortselling-Gelegenheit sah. 5 Monate später ging FTX wie oben bereits geschrieben, insolvent. Mich hätte es auch hier erwischen können.
Insgesamt bin ich verhältnismäßig gut durch den Krypto-Winter gekommen, weil ich die folgenden Punkte berücksichtigt habe, um Verluste zu minimieren:
- Breite Streuung: Ein signifikanter Teil meines Crypto-Vermögens ist langweilig und passiv in meiner Crypto Index auf ICONOMI investiert. Ob sich Ethereum, Solana oder Polygon durchsetzen ist egal. Mit meinem Index habe ich die Gewinner automatisch im Portfolio, sobald sie zu den Top25 Werten gehören. Wenn Einzelwerte wie FTX oder Luna ins Bodenlose stürzen, dann machen sie hier immer nur einen kleinen Anteil aus.
- Multiple Börsen: Mein Geld ist weiterhin zwischen ICONOMI, Binance, Kraken, Bitmax und mehreren Metamask Wallets verteilt. Sollte einer dieser Börsen ausfallen (FTX lässt grüßen), so würde ich immer nur einen Teil verlieren.
- Gier im Zaun halten: Weiter oben habe ich bereits geschrieben, dass ich bei Terra phasenweise sehr gierig geworden bin und dann zum Glück rechtzeitig meine Position signifikant reduziert habe. Da ich neben meiner langweiligen Index-Strategie eben auch in Einzelwerte investiere und diese teilweise aktiv trade, besteht immer die Gefahr sich in einen Wert “zu verlieben”. Hier kann ich nur jedem empfehlen eine “Obergrenze” für diese Verliebtheit zu definieren. Bei mir sind es 10%. Kein Einzelwert soll mehr als 10% meines Gesamtportfolios ausmachen.
- Skepsis am Top: Wenn jeder im Freundeskreis wieder von Krypto spricht (und auch investiert), dann ist es Zeit sich zurückzuziehen. Wenn alle bereits investiert sind, müssen die Kurse irgendwann nach unten drehen, da schlicht die Käufer für einen weiteren Nachfrage-Überhang und daraus resultierenden Preisanstieg fehlen. Das Problem dabei: Tops erkennt man immer nur im Nachhinein. Erst wenn die Party vorbei ist und Kurse bereits signifikant gefallen sind, erst dann ist jedem klar, dass die Höchstkurse hinter einem liegen. Ich selber habe um den Jahreswechsel 2021 zu 2022 mehr und mehr Crypto-Positionen in Stablecoins getauscht, um mein Risiko zu reduzieren. Die folgenden Crashs haben mich daher deutlich weniger hart getroffen und ich konnte zudem bei fallenden Kursen auch wieder einsteigen, da ich über Stablecoins zum Investieren verfügte.
Meiner Ansicht nach ist es super wichtig, die oben genannten vier Punkte zu verinnerlichen. Denn zu den Gewinnern gehört man im Krypto-Sektor v.a. dadurch, dass man große Verluste vermeidet. Die Gewinne kommen automatisch über Zeit. Und obwohl ich all diese Punkte berücksichtigt habe, liegt mein Portfolio aktuell noch 40% unter Höchstwert. Das bedeutet aber auch: Mein Krypto-Portfolio muss sich im nächsten Bullenmarkt nicht mal verdoppeln und ich habe neue Höchststände. Wenn jemand stattdessen mit einem Portfolio von 80% unter Höchststand agiert (so geht es allen Solana Anhängern), heute also nur noch 20% seines Wertes hat, dann muss sich das Portfolio verfünffachen, um neue Höchststände zu erreichen…
Ich persönlich bin bullisher als jemals zuvor, was Krypto und die übergeordnete Token-Economy betrifft. Meine Begründung dazu findet Ihr im nächsten Post mit Fokus auf die Jahre 2024 und 2025. #Staytuned #StayInvested